Study of Origin 2014

 

Leo Pruimboom ist Professor für kPNI, Physiologe, Anthropologe, Physiotherapeut und wissenschaftlicher Berater der Natura Foundation. Der Niederländer initiierte die „Study of Origin“, ein Experiment, bei dem die Probanden während einer Woche wie Urmenschen leben.

Wann hat die „Study of Origin“ begonnen und wie ist sie entstanden?

 

Leo Pruimboom: Die Idee entstand im Jahr 2008. An einer bestimmten Strasse in Gata de Gorgos (Alicante, Spanien) gab es eine unglaubliche Häufung von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Ich habe mich gefragt, weshalb diese Menschen krank geworden sind. Die äusseren Umstände konnten nicht die Ursache sein, denn sie lebten ja alle an der gleichen Strasse. Mit anderen Worten: sie hatten in etwa die gleichen Voraussetzungen. Weil es keinen erkennbaren Grund für ihre Krankheit gab, habe ich mich gefragt, ob vielleicht das Fehlen eines bestimmten Umstandes das Problem sein könnte. Der Mensch ist ja ein sehr adaptives Wesen. Also habe ich den Menschen an dieser Strasse Fragen gestellt wie: „Wie kalt duschst du?“ oder „Wie oft isst du?“ Dabei stellte sich heraus, dass sie alle sehr reizarm lebten. In ihren Häusern herrschte immer die gleiche Temperatur, sie assen sechsmal pro Tag. Mit anderen Worten: Sie lebten immer in ihrer Komfortzone. Die Amplitude des Lebens, mal Hunger mal Durst, mal kalt mal warm zu haben, war komplett verschwunden.

 

Ich überlegte mir, wie man diese Dinge wieder ins normale Leben integrieren könnte. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich möchte nicht, dass die Leute wieder wie Neandertaler in Höhlen leben. Auch ich geniesse ein gutes Glas Wein und schlafe gern in meinem eigenen Bett. Ich dachte mir einfach, dass es gut wäre, Dinge die an sich tödlich sind, wie Hunger oder Durst, in einer milderen Form wieder in den Alltag zu integrieren. Einmal acht Stunden nichts essen oder auch mal Hitze und Kälte zu ertragen. Draussen zu sein und die frische Luft der Bäume und Sträucher zu atmen. Kleine Hautverletzungen aktivieren das Immunsystem an der Aussenseite des Körpers, da wo es hingehört. Daraus ist diese Philosophie entstanden.

 

Leo Pruimboom - Donato D'Augello - kPNI - Artgerecht

Prof. Leo Pruimboom (l.), Donato D'Augello (r.)

2011 haben wir die „Study of Origin“ als offizielle Untersuchung mit Hilfe der Region Katalonien und der Ortschaft Tremp mit Pàngel als Koordinator begonnen. Die Pilotstudie startete mit elf Menschen. Wir hatten zwei Personen mit Fibromyalgie, zwei Diabetespatienten und einen Krebspatienten in der Gruppe. Ein Patient – ein interessanter Fall – hatte starke Tachykardien und nahm seit dem Jahr 2000 Betablocker ein. Dieser Mann ist heute total geheilt. Wir haben diese Studie mit gesunden Menschen, aber auch mit Menschen mit verschiedensten Krankheiten durchgeführt. Die Ergebnisse sind wirklich erstaunlich. Wir wussten, dass es grosse Auswirkungen haben könnte, aber wir wussten nicht dass sie so gross sein würden. Es ändert sich vieles auf der körperlichen Ebene. Doch fast noch wichtiger ist, was sich auf der Ebene des Gehirns ändert. Der Mensch unterscheidet sich vom Tier dadurch, dass er an abstrakte Dinge, die in der Zukunft liegen, denken kann. Er muss laufend Entscheidungen treffen: Für morgen, für nächste Woche oder für nächsten Monat. Doch oft schieben wir Entscheidungen vor uns her. Der Grund liegt darin, dass wir einen natürlichen Widerstand gegen Veränderungen haben. Mit unserem Projekt konnten wir zeigen, dass Menschen nach dieser Woche plötzlich längst fällige Entscheidungen treffen konnten. Das ist nicht einfach ein Glaube. Wir haben bis jetzt 88 Menschen untersucht. Sie stammen aus verschiedenen Ländern und Kulturen und unterschiedlichen Altersgruppen. Vom zwölfmonatigen Baby bis zum 74jährigen Mann. Es hat weder mit dem Alter, noch mit dem Geschlecht zu tun. Es hat mit dem Menschsein zu tun.

 

Im Rahmen dieses Projekts leiden Menschen reguliert und kontrollierte Hunger und Durst, sie müssen Hitze und Kälte ertragen und sind 24 Stunden pro Tag im Freien. Sie laufen durch dichte Wälder, was bereits in Japan als „Medizin“ anerkannt wurde. Nach diesen acht Tagen nehmen die Menschen ein Geschenk mit nach Hause. Sie werden das schädigende Leben und den Stress mit anderen Augen, anderen Ohren und anderen Sinnen wahrnehmen und sie werden sich nicht mehr wegen Kleinigkeiten aufregen.

 

Klar, wir litten auch ein bisschen in dieser Woche. Es ist nicht nur spassig, es gibt auch Momente, in denen man seine körperliche und emotionale Grenze erreicht. Diese zu erreichen, ist unglaublich wichtig. In einer Gruppe (2013) war ein Mann mit Diabetes Typ 2 dabei. Es war bereits der siebte von den 88 Teilnehmern. Sein Gewicht betrug 128 Kilogramm und er hatte schon Glucose und Schaum im Urin. Beides war nach acht Tagen verschwunden. Und dieser Mann hat sich so unglaublich gut gefühlt, er wiegt heute nur noch 89 Kilo, bei einer Grösse von 206 Zentimetern. Er ist ein anderer Mann geworden. Diese Veränderung hat in seinem Kopf stattgefunden. Es ist gut, wenn man Sport treibt, aber wenn man nie an seine Grenze geht, funktioniert es nicht. Denn alles was eigentlich flach ist, so wie immer essen und trinken können und immer in der Komfortzone leben. Das ist wahrscheinlich der Grund, warum man mit den Hypothekzinsen oder einem ähnlichen Problemchen überhaupt nicht umgehen kann. Hinter uns laufen keine Löwen mehr. Wir haben keinen echten Hunger mehr. Natürlich gibt es auf der Welt arme Leute, die Hunger leiden. Aber die Mehrheit in Europa führt ein dekadentes Leben. Und das Fehlen dieser fünf Notwendigkeiten – und das ist was wir bewiesen haben – hat ein viel grössere Wirkung als die Anwesenheit der toxischen Faktoren.

 

Wenn wir den Menschen, egal ob sie in der Stadt oder auf dem Land zu Hause sind, diese fünf Möglichkeiten wieder zurückgeben könnten, dann haben alle anderen schädlichen Faktoren weniger Einfluss. Und das ist gar nicht schwierig: Man kann doch problemlos mal kalt duschen bis man zittert, warum nicht? Man kann doch problemlos mal eine Mahlzeit auslassen? Man kann doch problemlos mal Durst haben? Und wenn man dann wirklich Durst hat, viel trinken. Und man kann doch problemlos mal mit seinem Hund im Wald laufen? Und man kann doch problemlos mal im Garten ohne Handschuhe arbeiten? Dann hat man eigentlich alle fünf Faktoren in das tägliche Leben schon integriert. Und dann muss man die Nahrung ein bisschen anpassen. Das soll nicht sektiererisch passieren: nicht vegetarisch, nicht Atkins und nicht Paleo. Nein, verwendet das Wort „Mensch". Und wenn Menschen dann artgerechtes Essen essen, dann ist das richtige Wort dafür „Menschenessen“. Dann werden diese auch Menschenstuhl haben. Und dann werden sie sich auch wie Menschen fühlen. Menschen sind gerecht, flexibel und tolerant. So sollten wir uns auch fragen, ob die ungerechten und intoleranten Menschen Menschen sind? Aber vielleicht hat es zu tun mit der Tatsache, dass sie kein Menschenessen essen, kein Menschenbewegung durchführen, kein Menschenverhalten zeigen und dann wird man natürlich auch eine andere Spezies.

 

Ich denke das ist es, was wir mit unserem Projekt erreichen können. Und wenn die Leute nach Hause gehen und sie sagen: „Ich brauche keine Anleitung mehr, ich schaffe es jetzt bei mir zu Hause. Das ist das Projekt.“

Kannst du uns noch etwas über Ursprungsnahrung sagen?

 

Ursprungsnahrung passt sich dem Wandel der Jahreszeiten an. Was logisch wäre ist, dass wir im Herbst und Winter, sogenanntes „fallback foods“ wie Wurzelgemüse und Karotten essen und nicht so viel Obst. Ende Herbst kann man viel Obst essen. Wenn man Obst isst, dann Vormittags und nicht am Ende des Tages. Obst ist absolut Menschenessen. Aber wenn man abends viel Obst isst, wandelt es der Körper in Fett um. Das ist nicht Menscheneigen. Was Menscheneigen ist, ist dass wir morgens bei der ersten Mahlzeit Lust auf Süsses haben. Das ist menschlich. Richtung zweite Mahlzeit hat man keine Lust auf Süsses. Dann hat man Lust auf Fisch, das ist Menschenessen. Dann hat man Lust auf Knoblauch, das ist Menschessen. Dann hat man Lust auf Zwiebeln, das ist Menschenessen. Dann hat man Lust auf Geflügel, das ist Menschenessen und man hat Lust auf Fett. Olivenöl, Avocado, das ist alles Menschenessen.

 

Und natürlich ist es so, dass wir unser Gehirn problemlos manipulieren können. Wir können problemlos einen Hamburger von Mc Donald’s essen weil das Volumen so klein ist und eine unglaubliche Menge an Kalorien bringt. Das kommt von Früher. Man nennt es „optimal foraging“ (Theorie des optimalen Nahrungserwerbes). „Optimal foraging“ heisst, Menschen sind Menschen geworden, weil sie weniger Energie in die Nahrungssuche gesteckt haben. Ein Elefant frisst 300 Kilogramm Pflanzen pro Tag. Mit anderen Worten, ein Elefant hat nie gelernt was „optimal foraging“ ist und er muss zehn Stunden lang essen, um das Körpergewicht aufrecht zu erhalten. Aber wir nicht. Wir können mit zwei Mahlzeiten mehr als ausreichend Nahrung aufnehmen, um Mensch zu bleiben.

 

Wenn es nach unserem Gehirn ginge, dann würden wir immer nur Süssigkeiten und Fett essen, aber das war früher natürlich nicht vorhanden. Jetzt haben wir dieses Entscheidungsmöglichkeit und darum ist es so unglaublich schwierig den Leuten zu sagen: „Nein, nütze deine Intuition nicht, denn würdest du nur Süssigkeiten und Fett essen. Denn das ist hochkalorisch. Aber, es sind nicht die richtigen Kalorien. Diese Woche in unserem Projekt, essen wir Fisch und wir essen unglaublich viel „fallback foods“, viele Karotten, Chicorée, Pilze und grünes Gemüse und Salat. Wir essen auch Obst natürlich. Aber morgens früh. Wir essen Nüsse und wir essen mehr als ausreichend Eiweiss. Und was es nicht auf dem Speisezettel gibt, sind Säugetiere. Mit Ausnahme von einem, denn Kaninchen haben kaum „Neu5Gc“. Wir essen Fisch. Wir essen den besten Fisch den es gibt. Sardinen. Nicht nur für Menschen sondern auch für die Ökologie. Sardinen vermehren sich stark. Daher ist es besser, Sardinen essen als roten Thunfisch. Denn im Mittelmeer gibt es kaum noch Thunfisch. Wir finden auch, dass wir die Umwelt schützen müssen. Wir haben auch Schnecken gegessen, Schnecken sind absolut Menschenessen. Es gibt fossile Funde, bei denen man sieht, dass Menschen vor 70‘000 Jahren grosse Mengen an Schnecken gegessen haben. Schnecken sind einfach zu züchten, damit könnten wir unglaublich vielen Menschen zu essen geben, ohne das Leben zu zerstören.

 

Ich werde jetzt nicht sagen was man verringern sollte. Denn darum geht es nicht. Ich hab nur gesagt was Menschessen ist. Natürlich ist eine Pizza kein Menschenessen. Das haben wir noch nie gegessen. Man könnte jetzt sagen, es schadet nicht, ab und zu einmal Pizza zu essen. Aber das machen Menschen sowieso…darum geht es nicht.

 

Es ist besser zu wissen, was Menschenessen ist und dass ungefähr 80 Prozent unserer Nahrung kein Menschenessen ist. Aber wenn wir all die anderen Faktoren in unser Leben einbringen, dann ist es problemlos, einmal etwas nicht artgerechtes zu essen. Und das ist das grosse Problem. Viele Menschen essen heutzutage sehr bewusst, aber damit hört es schon auf. Die kümmern sich nur um ihre Nahrung und all die anderen Faktoren scheinen dann nicht mehr so wichtig zu sein. Und das ist ein grosser Fehlgedanke. Das klappt nicht. Und dann wird Nahrung eine Besessenheit, die Leute sind dann nicht therapietreu und werden böse auf sich selber. Aber die anderen Faktoren sind mindestens genauso wichtig, wobei Bewegung mit Abstand das ALLERWICHTIGSTE ist.

 

Wenn sich jemand erkundigen möchte was ist genau Ursprungsnahrung? Und was ist das Thema „Neu5Gc“ das du angesprochen hast, gibt es da eine Möglichkeit wo er das nachlesen kann?

Ja, wir selber haben mehrere Artikel publiziert. Und Naturafoundation entwickelt immer mehr Kurse weltweit. Interessierte können problemlos diesen Kursen folgen. Das können einfache Kurse sein, aber man kann bei uns auch klinische Psychoneuroimmunologie studieren und sich dieses Wissen vertieft vermitteln lassen.

 

Um den Menschen zu verstehen zu geben, was Ursprungsnahrung ist, habe ich zusammen mit Daniel Reheis und Martin Rinderer ein Buch geschrieben. Es ist eigentlich meine Lebensarbeit. Das Buch ist seiner Zeit vielleicht voraus. Es heisst das WirkKochBuch. „Wirk“ steht für Wirkungsmechanismen, „Koch“ für Nahrung und „Buch“ für Wissenschaft. Darin wird die Wichtigkeit von Bewegung, Nahrung, Biorythmus, die „Neu5Gc“-Geschichte, aber auch was artgerechtes Leben ist, sehr gut beschrieben. Für mehrere Krankheitsbilder wird eine Reihenfolge von Therapien angeboten. Es ist allgemein verständlich geschrieben, wobei es auch Expertenboxen gibt für Wissenschaftler oder Spezialisten. Es ist aber auch hilfreich für den „Otto Normalverbraucher“ und unterstützt ihn bei der grossen ÄNDERUNG. Das Buch ist absolut nicht so wie die üblichen Bücher geschrieben. Es geht nicht um Sektierismus, wir nehmen in diesem Buch niemandem eine Entscheidung ab. Ein Kapitel behandelt die Entscheidungsfähigkeit. Und wenn wir über Milch schreiben, dann schreiben wir Pro und Kontras von Milch, Joghurt und Käse. Dann muss jeder Leser für sich entscheiden. Und es gibt auch ein Entscheidungsfähigkeitskapitel. Es zeigt, wie man sich angewöhnen kann, für sich selbst die richtige Entscheidung zu treffen. Ich weiss nicht, was die richtige Entscheidung ist. Aber wir glauben schon, dass das Buch in der Lage ist, die Menschen so weit zu unterstützen, dass sie anschliessend bereit sind, die grosse Änderung durchzuführen und dass sie sich dabei emotional, kognitiv aber auch wissenschaftlich unterstützt fühlen. Und ich glaube, dass dieses Buch eine Lücke füllt, die meiner Meinung nach schon 25 Jahre bestanden hat. Ich habe eigentlich 25 Jahre lang daran gearbeitet um das letztendlich zu beenden.

 

Danke an Prof. Leo Pruimboom.

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